Die langfristige Strategie der Versorger glättet die Entwicklungen an den Energiebörsen und schützt die Kunden vor starken Preissprüngen. Beispielsweise lag der Gaspreis im Großhandel im Jahr 2022 im Durchschnitt mehr als achtmal so hoch wie 2021. Im gleichen Zeitraum stieg der Gaspreisbestandteil "Beschaffung" nur um das Dreieinhalbfache.
Sehr viele Versorger - wie auch die GVG - beschaffen die benötigte Energie langfristig in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten. Mit dieser Strategie minimieren sie das Risiko stark schwankender Börsenpreise. Starke Veränderungen bei den Börsenpreisen wirken sich daher nicht unmittelbar und nicht 1:1 auf den Gaspreis für Endkunden aus. So sinkt der Gas -und Strompreisbestandteil 'Beschaffung' nicht im gleichen Umfang, wenn die Börsenpreise fallen. Umgekehrt steigt dieser Preisbestandteil nicht in gleichem Umfang, wenn die Preise an der Börse deutlich steigen. Kurzfristige Schwankungen an den Energiemärkten haben daher erst einmal keinen direkten Einfluss auf die Endkundenpreise.
Wenn die Versorger nicht nach dieser Strategie beschaffen würden, wären die extremen Preisausschläge der letzten Jahre direkt in Endkundenpreise weitergegeben worden. Das heißt es wäre möglich gewesen, dass sich zum Beispiel der Energiepreis für Kunden innerhalb von wenigen Wochen vervielfacht.
Am Spotmarkt wird kurzfristig lieferbare Energie (Strom und Gas) gehandelt. Kurzfristig bedeutet in diesem Zusammenhang einen Tag im Voraus. Auf dem Terminmarkt hingegen werden Lieferverträge bis zu sechs Jahre im Voraus geschlossen.
Die Versorger decken sich am Terminmarkt mit einem Großteil des von ihnen prognostizierten Bedarfs ein. Die am Spotmarkt eingekauften Mengen dienen insbesondere dem kurzfristigen Ausgleich von prognostiziertem und tatsächlichem Verbrauch der nächsten 24 bis 48 Stunden.
Auswertungen, die bei den Beschaffungskosten allein die Preisentwicklungen auf dem Spotmarkt in den Blick nehmen, greifen daher zu kurz. Wesentlich für die Kosten, die den Energieversorger beim Gas- und Stromeinkauf entstehen, ist die Preisentwicklung am Terminmarkt.
Unternehmen, die hauptsächlich am stark schwankenden Spotmarkt einkaufen, also Energie sehr kurzfristig beschaffen, können Strom und Gas zwar zunächst günstig anbieten. Diese Einkaufsstrategie ist allerdings riskant. Wohin eine rein am Spotmarkt orientierte Beschaffung führt, war Ende 2021 zu beobachten. Solche Anbieter kündigten plötzlich ihren Kunden oder stellten ihre Geschäftstätigkeit gleich ganz ein. Die betroffenen Unternehmen hatte lange von niedrigen Preisen am Spotmarkt profitiert und konnten so billige Tarife anbieten.
Als dann aber die Preise am Spotmarkt sehr stark anstiegen, hatten sie keine finanziellen Polster, um die Preisanstiege abzufedern. Die Erfüllung ihrer vertraglichen Vereinbarung mit den Kunden wurde unmöglich. Die geschädigten Kunden wurden dann von den Grundversorgern aufgefangen, die dank vorausschauender, langfristiger Beschaffung auch die betroffenen Haushalte beliefern konnten. Energieversorger, die auf langfristige Beschaffung setzen, profitierten davon, dass sie den Großteil der benötigten Energie Schritt für Schritt und länger im Voraus einkaufen. Diese langfristige Beschaffung glättet die zum Teil erheblichen Schwankungen an den Energiehandelsplätzen.